Ein aktueller Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums sieht eine bemerkenswerte Neuerung des AntiDopG vor: Unter bestimmten Voraussetzungen soll für Täter einer Doping-Straftat die Möglichkeit einer Strafmilderung bis hin zum Absehen von Strafe bestehen, wenn sie als Kronzeuge an der Aufklärung oder der Verhinderung einer Doping-Straftat mitwirken. Das Sportstrafrecht erfährt damit eine weitere Verschärfung.
Anliegen des Staates: Schweigekartelle brechen
Hinter dem Referentenentwurf steckt die Erkenntnis des Gesetzgebers, dass Dopingstrukturen ohne Insiderinformationen nur schwer aufgebrochen werden können. Die geplante Kronzeugenregelung greift dabei nicht zufällig Strukturen auf, die sonst vor allem aus dem Kartellrecht bekannt sind. Hier wie dort vollziehen sich sanktionsrechtlich relevante Vorgänge vor allem „im Verborgenen“. Im Umkehrschluss heißt das: Packt niemand aus, bleibt der Staat außen vor. Genau hier will die neue Regelung den Hebel ansetzen.
Verstrafrechtlichung des Sports?
Die geplante Kernregelung, § 4a AntiDopG-E, sieht für Täter einer Doping-Straftat eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Strafmilderung oder das Absehen von Strafe vor, wenn sie freiwillig und wesentlich zur Aufdeckung einer bereits begangenen Doping-Straftat beitragen oder ihr Wissen um die Planung eines bevorstehenden Doping-Verbrechens freiwillig und rechtzeitig gegenüber einer Dienststelle offenbaren, sodass das Verbrechen noch verhindert werden kann. Dazu gehört beispielsweise die Preisgabe von Informationen über Hintermänner und organisierten Netzwerken oder die Bekanntgabe weiterer dopender Spitzensportler.
Die Welt des Sports bekennt sich weitgehend geschlossen zu diesen Reformvorschlägen. Der Deutsche Olympische Sportbund, die Nationale Anti-Doping Agentur (NADA) sowie der Verein „Athleten Deutschland“ begrüßten die Kronzeugenklausel im Rahmen einer Expertenanhörung im Deutschen Bundestag ausdrücklich. Es wäre daher mehr als überraschend, wenn die Regelung nicht bald umgesetzt würde. Der Sport und die dort professionell Beteiligten – von denen laut Dunkelfeldstudien, auf die sich der Referentenentwurf bezieht, angeblich bis zu 45 % dopen – haben sich damit auf neue Zeiten einzustellen.
Zu beachten ist, dass ein Absehen von Strafe nur dann möglich sein soll, wenn der Kronzeuge keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat. Ebenso wichtig: Wer zum Zweck der Erlangung einer Strafmilderung oder eines Absehens von Strafe wahrheitswidrige Angaben macht, soll aus Gründen des Missbrauchsschutzes wegen des Vortäuschens einer Straftat (§ 145d StGB) oder einer falschen Verdächtigung (§ 164 StGB) noch schärfer als bislang bestraft werden können.
Der Plan A im Sportstrafrecht: Hart am Ball bleiben
Für die von Plan A – Kanzlei für Strafrecht beratenen und begleiteten Sportler, Vereine und Verbände ergibt sich noch keine akute Änderung. Weiter steckt das „Kronzeugenvorhaben“ im Entwurfsstadium fest. Trotzdem sind die weiteren Entwicklungen eng zu begleiten. Insbesondere wird es darum gehen, die neuen Strukturen, wenn sie kommen, tatsächlich zu nutzen. Noch besser – und wesentlich wichtiger: Dopingprobleme durch effektive Sportrechts-Compliance erst gar nicht aufkommen lassen.
Im Rahmen unserer sportstrafrechtlichen Ausrichtung sind wir hier immer für Sie da #wennmalwasist. Die aktuelle Entwicklung zeigt dabei mehr als deutlich: #irgendwasistimmer.
Autoren
- Rechtsanwalt Dr. Ingo Bott
- Rechtsanwalt Leo Nievelstein
Dr. Ingo Bott
Rechtsanwalt / Partner
Plan A – Kanzlei für Strafrecht
Leo Nievelstein
Rechtsanwalt / Associate
Plan A – Kanzlei für Strafrecht