Am 29. September 2022 strahlte RTL eine neue Folge der Investigativ-Sendung „Team Wallraff – Reporter undercover“ aus. Am nächsten Tag verlor die Schnellrestaurantkette „Burger King“, zumindest temporär, ihr V-Label, ein Gütesiegel für die Zertifizierung veganer und vegetarischer Produkte.
Was war passiert?
Die von „Team Wallraff“ in eine Münchner Burger King-Filiale entsandte Reporterin enthüllte für die Sendung zum einen Mängel bei der Trennung fleischlicher und fleischloser Produkte: So würden beide Produktlinien durchaus miteinander in Kontakt gebracht, teils auch in denselben Behältern und Fritteusen präpariert. Zum anderen käme es vor, dass, teils aus Unachtsamkeit oder Indifferenz des Personals ob der Ähnlichkeit beider Produktlinien, teils aus Bequemlichkeit, sogar fleischliche statt fleischlose Patties für Burger benutzt würden. Als Reaktion auf die Vorwürfe setzte die Organisation ProVeg, welche in Deutschland für die Vergabe des V-Labels zuständig ist, die V-Label Zertifizierung des Unternehmens aus, „bis Burger King Deutschland die Einhaltung der Lizenzanforderungen glaubhaft und nachweislich sicherstellen kann“.
Burger King hat in einem Statement zu den Vorwürfen Stellung genommen, Mängel bei der Verankerung von Standards bei Mitarbeitenden eingeräumt und Optimierungen bei den Zubereitungsprozessen in Aussicht gestellt. Darüber hinaus erklärt das Unternehmen, plant- based Burger Patties und Nuggets in einer von fleischlichen Produkten getrennten Fritteuse zuzubereiten und seit kurzem zudem speziell gekennzeichnete Verpackungen für diese Produkte zu nutzen. Allerdings weist es gleichzeitig darauf hin, plant-based Produkte seien nicht automatisch vegan, da tierische Produkte, z.B. Käse, Teil der Zutaten sein und Rindfleischalternativen „beim Grillen in Kontakt mit Fleisch kommen“ könnten.
Wo liegt das Problem und gibt es (straf-)rechtliche Konsequenzen?
Dieser Hinweis erinnert an eine Argumentation des Unternehmens aus dem im Juli 2020 in den USA gerichtlich entschiedenen Fall Philipp Williams, et al. v. Burger King Corporation. Die vegan lebenden Kläger erklärten, von Burger King hinsichtlich des fleischlosen Charakters des „Impossible Whopper“ getäuscht worden zu sein. Dessen Pattys würden auf demselben Grill wie reguläre Rinderpattys zubereitet, mithin kontaminiert. Sie forderten u.a. Schadensersatz wegen Vertragsverletzung und Verbraucherbetrugs. Burger King berief sich darauf, es habe lediglich einen pflanzenbasierten Whopper beworben („0% beef”), sei dabei jedoch nicht auf dessen Zubereitung eingegangen. Eine, grundsätzlich mögliche, separate Zubereitung des Impossible Whopper könne, auf Anfrage, jederzeit erfolgen. Der zuständige Richter am US District Court for the Southern District of Florida wies die Klage ab. Die getrennte Zubereitung fleischlicher und plant-based Produkte sei nicht Vertragsbestandteil geworden; zudem habe keine Täuschung vorgelegen, denn: Burger King habe den Klägern ein fleischloses Patty versprochen und genau dieses auch geliefert.
Mit Blick auf die Zubereitung von plant-based und Rindfleischpatties auf demselben Grill, dürfte die Rechtslage im Fall der ins Scheinwerferlicht der Reporter geratenen deutschen Burger King Filiale ähnlich gestaltet sein. Denn ohne V-Label können Kunden nicht darauf schließen, dass plant-based Produkte zusätzlich veganen Standards entsprechen. Anders liegt die Sache insofern als auch mit dem V-Label zertifizierte Geflügelprodukte betroffen sind. Denn ProVeg setzt Unternehmen, die eine V-Label Zertifizierung beantragen möchten, strenge Bedingungen. Der V-Label Leitfaden, welcher als Grundlage der lizenzvertraglichen Bestimmungen zwischen Unternehmen und ProVeg dient, führt unter Punkt 2.2.8. zwar aus, dass Spuren tierischer Substanzen einer Zertifizierung als vegan nicht entgegenstehen, soweit diese trotz entgegenstehender Maßnahmen technisch unvermeidbar sind. Dies dürfte im Fall Burger King allerdings bereits mit Blick auf die Zubereitung von Fleisch- und V-Label Produkten in denselben Behältern und Fritteusen insoweit kaum zutreffen als Mitarbeiterversagen nicht einer technischen Unvermeidbarkeit gleichzustellen ist. Eine zumindest bedingt-vorsätzliche Missachtung der Leitfaden-Regel, die Verwendung nicht- veganer Substanzen bei der Zubereitung von V-Label Lebensmitteln zu vermeiden, steht eindeutig nicht mehr mit dem V-Label in Einklang. Dies gilt natürlich erst recht bei der Ausgabe von tatsächlich fleischhaltigen Produkten, die schon nach der Bewerbung durch Burger King selbst und unabhängig von den Leitlinien, eine andere als die den Käufern geschuldete Leistung darstellen.
Zu möglichen zivilrechtlichen Schwierigkeiten könnten sich auch strafrechtliche gesellen. Der Tatbestand des Betrugs, § 263 StGB, verlangt objektiv eine Täuschung über Tatsachen, die bei dem Opfer einen Irrtum hervorruft, welcher es zu einer Vermögensverfügung veranlasst, die zu einem Vermögensschaden führt. Vorliegend erscheint die Annahme einer tatsachenbasierten Täuschung und eines dadurch hervorgerufenen Irrtums, der zur Übereignung eines Geldbetrags für eine nicht (so) gewollte Leistung führt, zumindest möglich. Denn anders als in dem o.g. US-Fall lediglich als plant-based deklarierter Burger ohne V-Label, werden Kunden, die entsprechend gelabelte Burger bestellen davon ausgehen, dass diese bei Burger King im Einklang mit den Vorgaben des V-Label Leitfadens produziert werden. Soweit Mitarbeitende diese aus Bequemlichkeit oder anderen Gründen bewusst missachten, liegt auch tatbestandlicher Vorsatz vor.
Zuletzt dürfte es sich bei der Causa Burger King nicht um den letzten vergleichbaren Fall handeln. Denn der Markt für Alternativen zum Fleischverzehr, die, bitte schön, nicht tierfleischhaltig aber geschmacklich umso näher am Tierfleisch sein sollen, boomt aktuell wie nie zuvor. Beispielhaft lassen sich das erste per 3D-Drucker pflanzlich hergestellte Filetsteak des Start-ups Redefine Meat aus Israel oder das aus kultiviertem Muskel- und Fettgewebe gedruckte Fleisch des ebenfalls israelischen Unternehmens Steakholder Foods nennen, die aktuell verstärkt den europäischen Markt in den Blick nehmen.
Der Plan A: Reinliche Vorsorge – schon bevor es in die Küche geht
Angesichts der von Team Wallraff aufgedeckten Probleme setzt Burger King vermehrt auf stärkere Kontrolle und Mitarbeiterschulungen. Auch der Ruf nach vermehrten externen Kontrollen dürfte zunehmen. Am nachhaltigsten sind allerdings effektive Compliance- Konzepte, die idealerweise greifen, bevor das Kind in den Brunnen gefallen bzw. der Chickenburger an vegane Kunden ausgegeben ist. Burger King setzt daher nun zusätzlich auf eine Whistleblower-Hotline für seine Mitarbeitenden. Wir meinen: Gut so!
Plan A berät Unternehmen in vergleichbaren Fällen über die aktuell geltende Rechtslage, erstellt maßgeschneiderte Compliance-Konzepte und implementiert ein Hinweisgebersystem, um möglichen Negativfolgen frühzeitig entgegenzuwirken. Wir sind immer da, #wennmalwasist.
Autoren und Ansprechpartner:
- Rechtsanwalt Alexander Sellmayer
- Rechtsreferendar Robin Ramsahye
ALEXANDER SELLMAYER
RECHTSANWALT | ASSOCIATE
Plan A – Kanzlei für Strafrecht
Robin Ramsahye
Rechtsreferendar
Plan A – Kanzlei für Strafrecht