Schon in der Bibel hieß für die frühen Christen „Du sollst Dir kein Bildnis machen“. Dieses Gebot ist heute, wenngleich in einer durchaus weltlichen Fragestellung, wieder von Brisanz – und nicht in Byzanz, sondern in Berlin.
In dem Urteil stellte sich das Berliner Landgericht auf die Seite der Kunstfreiheit und hält die künstlerische Auseinandersetzung mit einem bereits existierenden Kunstwerk durch Einbeziehung in ein neu geschaffenes Werk für zulässig.
Hintergrund des Bilderstreits
Martin Eder setzt sich in seinem künstlerischen Schaffen mit der Kunst- und Kulturgeschichte der letzten Jahrhunderte und der Gegenwart auseinander und kontextualisiert dabei bereits bestehende Ausdrucksformen, Maltechniken und Genres. Seine Werke stellen ein mixtum compositum verschiedener Einflüsse dar, was diese so originell macht und schnell das Auge des Betrachters auf sich zieht. So auch das Gemälde „The Unknowable“ – eine auf den ersten Blick traditionelle Komposition einer Rückenfigur, die Assoziationen an Albrecht Dürers Kupferstich „Vier nackte Frauen“ ebenso weckt, wie an die Landschaftsmalerei Caspar David Friedrichs, der das Sujet des Rückenbildes in dem Genre der Landschaftsmalerei buchstäblich in den Vordergrund seines künstlerischen Wirkens stellte.
Gleichviel – der Kläger Daniel Conway nimmt für sich in Anspruch Urheber des Kirschbaumhintergrundes zu sein. Er war wohl not amused, als er seinen Kirschbaum auf einer Ausstellung von Damien Hirst in London entdeckte.
Anwendungsfall des neuen § 51a UrhG -sog. Pastiches
Erst seit dem Sommer 2021 ist die künstlerische Ausdrucksform des „Pastiche“ im deutschen Urheberrecht normiert. Dabei handelt es sich um Kunstwerke, die ein bereits existierendes Kunstwerkt, ganz gleich, ob literarischer, musikalischer Art oder der bildenden Kunst imitieren. Das gilt etwa auch für die derzeit en vogue Produktion von Beats für Rapmusik, die sich an musikalischen Vorbildern oder anderen Melodien orientieren und diese übernehmen oder entfremden. Selbiges gilt natürlich auch für die Verwendung von Motiven und Bildern, die andere geschaffen haben.
Nach § 51a UrhG ist die Vervielfältigung, die Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck der Karikatur, der Parodie und des Pastiches zulässig. Diese Befugnis umfasst die Nutzung einer Abbildung oder sonstigen Vervielfältigung des genutzten Werkes, auch wenn diese selbst durch ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht geschützt ist.
Damit kam es in diesem Fall auf die Urheberschaft Conways nicht an, sondern darauf, dass Eder eine eigene schöpferische Leistung vollbrachte.
Entscheidung in Berlin – Entscheidung für die Kunstfreiheit
Die gerichtliche Auseinandersetzung ist nach über drei Jahren beendet. Bemerkenswerterweise ging der Streit wieder vor Berliner Gerichte, wie es schon bei dem Werk Martin Kippenbergers der Fall war, der für sein Gemälde der Innenansicht der ParisBarin der rue Kant 152, die technische Ausführung der Malarbeiten dem Plakatkünstler GötzValien überließ.
Nach Auffassung des Gerichts ist die künstlerische Auseinandersetzung mit einem bestehenden Werk zulässig. MartinEder durfte den Kirschbaum kopieren und künstlerisch verarbeiten. Das ist auch insofern gut und richtig, weil andernfalls eine Klageflut biblischen Ausmaßes drohen würde – ein bisschen abgemalt wird ja bekanntlich immer. Hier wurde der alte Streit über das Verhältnis von künstlerischer Freiheit zur Kopie vorerst entschieden.
Der Plan A im Kunststrafrecht: Beratung
Das Team von Plan A – Kanzlei für Strafrecht berät und begleitet auch Künstler:innen in urheberrechtlichen Fragen mit strafrechtlichem Bezug. Welche straf- und bußgeldrechtlichen Konsequenzen drohen bei unerlaubter Verwertung? Welche bei einer unerlaubten Vervielfältigung?
Dafür sind wir für Sie stets erreichbar #wennmalwasist.
Autoren und Ansprechpartner:
- Rechtsanwalt Dr. Joshua Christmann
- Rechtsreferendar Yannick Neuhaus
DR. Joshua Christmann
RECHTSANWALT | ASSOCIATE
Plan A – Kanzlei für Strafrecht
Yannick Neuhaus
Rechtsreferendar
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