Plan A im Wirtschaftsstrafrecht: Das geplante Verbandssanktionengesetz als Mittel für „empfindliche Sanktionen“

Rechtsanwaltskanzlei Plan A - Kanzlei für Strafrecht in Düsseldorf - Blog für Strafrecht

Das Gesetz zur Bestrafung von Unternehmen nähert sich weiter mit Siebenmeilenstiefeln. Anknüpfend an Großverfahren wie „Cum Ex“ und „Dieselgate“ sucht und findet der Gesetzgeber das vermeintliche Allheilmittel gegen Wirtschaftskriminalität im schon länger geplanten Verbandssanktionengesetz.

Plan A beleuchtet, worauf sich Unternehmen und Unternehmer neu einstellen müssen. Außerdem fragen wir danach, ob tatsächlich zu erwarten ist, was Bundesjustizministerin Lambrecht in einem aktuellen Handelsblatt-Interview prognostiziert, nämlich, dass es „für Großkonzerne empfindliche, an den Umsatz gekoppelte Sanktionen geben“ werde  (vgl. www.handelsblatt.com/politik/deutschland/kriminelle-unternehmen-justizministerin-lambrecht-es-wird-auch-fuer-grosskonzerne-empfindliche-sanktionen-geben/25621232.html?ticket=ST-4568228-0Z4ZpX1JRMkMtjn4zf9k-ap6).

Plan A: Anwälte mit Expertise im Verbandssanktionenrecht

Bedingt durch große „Skandalverfahren“ sieht sich der Gesetzgeber heute mehr denn je unter dem Handlungsdruck, Wirtschaftskriminalität effektiv zu bekämpfen und gegen Unternehmen vorzugehen, die durch ihre Leitungspersonen kriminelle Handlungen begangen haben oder in solche Handlungen verstrickt wurden. Mit der Einführung eines Unternehmensstrafrechts werden Unternehmen unmittelbar in die Verantwortung genommen. Für das deutsche Rechtsverständnis ist das ein geradezu revolutionärer Sprung, den Dr. Maximilian Kohlhof in seiner Dissertation „Die Legitimation einer originären Verbandsstrafe – Eine straftheoretische Untersuchung“ im Detail beleuchtet (Duncker & Humblodt, 2019).

Neu ist das Konzept der Unternehmensstrafe dabei keinesfalls. Im Gegenteil: Bis heute gehört Deutschland zu den wenigen Wirtschaftsnationen, die über kein eigenständiges Gesetz zur Bestrafung von Unternehmen verfügen. Zahlreiche andere Rechtsordnungen haben das Konzept der originären Unternehmenskriminalität weltweit eingeführt. Deutschland ging dagegen bislang einen Sonderweg über sanktionsrelevante Zurechnungsmechanismen des Ordnungswidrigkeitenrechts. In den vergangenen Jahren hat Dr. Ingo Bott dazu Vorträge als wirtschaftsstrafrechtlicher Experte des Europarats gehalten, im Mai 2019 ein Interview für das Justizfernsehen in Peru gegeben.

Ziel des Gesetzgebers: Prävention als Trigger für Compliance

Verfehlt wäre es indes, dem Gesetzgeber ein gesteigerte(re)s Strafbedürfnis gegenüber Unternehmen zu unterstellen. Sanktionen als solche waren schließlich auch vorher schon möglich. Erreicht werden soll – und kann – vielmehr eine klare Ausrichtung als ordnungsgemäß aufgestelltes Unternehmen, das durch wirkungsvolle Compliance-Maßnahmen „sauber“ ist. Mit anderen Worten geht es darum, Anreize für Unternehmen zu schaffen, etwaige betriebsinterne Straftaten weitestgehend zu vermeiden, Regelverstöße durch ständige Selbstüberprüfung aufzudecken und entsprechend zu reagieren.

Die Konsequenz liegt auf der Hand: Compliance als einstige Handlungsempfehlung wird nun zur obligatorischen Handlungspflicht. Genau so sieht es auch der aktuelle Entwurf vor.

Worauf müssen sich Unternehmer und Unternehmen einstellen?

Ermittlungspflicht des Staates: Während es bislang im Ermessen der Strafverfolgungsbehörden steht, gegen Unternehmen eigenständige Ermittlungen einzuleiten, werden sie mit der geplanten Einführung des Verbandssanktionengesetzes gesetzlich verpflichtet, unternehmensbezogene Straftaten zu verfolgen. Unternehmen kommen schneller ins Fadenkreuz strafrechtlicher Ermittlungen. Als Auslöser reicht der bloße Verdacht einer Straftat aus der Sphäre des Unternehmens aus. Das Risiko staatlicher Ermittlungsmaßnahmen, wie etwa umfangreicher Durchsuchungen im Unternehmen, steigt damit ganz erheblich.

Empfindliche Bußgelder: Es drohen Bußgelder, die in der Höhe einen Umfang von bis zu 10 % des Konzernjahresumsatzes ausmachen können. Die vielfach diskutierte – und in einem Vorgängerentwurf noch enthaltene – Unternehmensauflösung soll dagegen richtigerweise nicht mehr möglich sein.

Unternehmen unter Bewährung: Ähnlich wie im Individualstrafrecht soll von einer Geldbuße abgesehen werden können, wenn Auflagen und Weisungen für das Unternehmen ausreichen, um einem bestehenden Sanktionsinteresse zu genügen. Unternehmen können – und sollen – damit unter Bewährung stehen. Denkbar ist insbesondere ein Monitor, also ein staatlicher Kontrolleuer als eine Art Bewährungshelfer, der die alten und neuen Compliance-Bemühungen des Unternehmens überwacht und der Staatsanwaltschaft darüber berichtet.

Compliance als entscheidender Faktor: Ganz erheblich bußgeldreduzierend soll es sich auswirken, wenn ein ins Fadenkreuz geratenes Unternehmen bei Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden Aufklärungshilfe leistet. Der Gesetzesentwurf liegt damit ganz auf der Linie der aktuellen Compliance-Rechtsprechung (insbesondere BGH v. 09.05.2017 – 1 StR 265/16). Der Gesetzesentwurf formuliert u.a. dazu: „Das Gericht kann die Verbandssanktion mildern, wenn der Verband oder der von ihm beauftragte Dritte wesentlich dazu beigetragen haben, dass die Verbandsstraftat aufgeklärt werden konnte [und] der Verband oder der von ihm beauftragte Dritte ununterbrochen und uneingeschränkt mit den Verfolgungsbehörden zusammenarbeiten“ (§ 18 Abs. 1 E-VerbSankG).

Der Plan A: Compliance als Schlüssel

Für Unternehmen enthält der aktuelle Gesetzesentwurf die klare Obliegenheit eines proaktiven Tätigwerdens: Unternehmen sind aufgerufen, ein wirkungsvolles Compliance Management System (CMS) aufzubauen, einzuführen und nachzuhalten. Die Kehrseite: Fehlt ein solches System, können Sanktionen (erst recht) empfindlich ausfallen.

Der Plan A: Frühzeitig informieren. Rechtzeitig aktiv werden. Gut aufgestellt sein, wenn es darauf ankommt. Wir unterstützen Unternehmen und Unternehmer dabei konstruktiv, zielgenau und effektiv. Wir sind immer für sie da #wennmalwasist.

Autoren:

Dr. Ingo Bott
Rechtsanwalt / Partner

Plan A – Kanzlei für Strafrecht

Kanzlei Plan A - Dr. Maximilian Kohlhof - Rechtsanwalt : Strafverteidiger

Dr. Maximilian Kohlhof
Rechtsanwalt / Senior Associate

Plan A – Kanzlei für Strafrecht