Mit Vollgas durch die Liga – egal woher der Treibstoff kommt?

Am Abend des 08.11.2022 gab der Sportclub SC Preußen Münster 06 auf seiner Website eine Stellungnahme hinsichtlich zweier seiner Anteilseigner ab. Der Club sah sich kurzfristig gezwungen, sich offensiv zu seinen Werten zu bekennen und von den geschäftlichen Aktivitäten dieser Investoren abzugrenzen. 

Was war passiert?

Das Münsteraner Online-Medium RUMS hatte kurz zuvor über das Investment zweier regionaler Unternehmen in die SC Preußen Münster 06 GmbH & Co. KGaA berichtet und dabei insbesondere auf deren Verbindungen zum Waffenhandel aufmerksam gemacht. Dies wiederum rief den Sportclub auf den Plan, der dadurch einen Ansehensverlust fürchtete. Schließlich setzt der SC Preußen Münster laut seiner Stellungnahme aktuell im Rahmen eines Leitbildprozesses für Fans, Mitglieder, Gremien, Mitarbeiter, Partner und Sponsoren“ verbindlich Werte fest, die er „nach innen und nach außen“ transportieren will. 

Daher kommt die Meldung über Waffengeschäfte der seit Mitte dieses Jahres als Anteilseigner des SC Preußen Münster fungierenden Investoren ML und TO Invest GmbH & Co. KG für den Club zur Unzeit. Hinter den Gesellschaften steht die Emsdettener L & O Holding, unter deren Dach sich auch der internationale Waffenhersteller Sig Sauer befindet, welcher in den letzten Jahren mehrfach negative Schlagzeilen machte (s. nur hier). Das LG Kiel verurteilte im April 2019 drei Angeklagte, darunter Verantwortliche des Sig Sauer-Netzwerks, welche u.a. die Ausfuhr zehntausender Pistolen ohne Genehmigung über eine US-amerikanische Schwesterfirma an die kolumbianische Nationalpolizei verantworteten. Das Gericht setzte für die beteiligten Gesellschaften hohe Einziehungssummen fest, welche der BGH in einem Urteil aus dem Jahr 2021 zum größten Teil bestätigte. 

Wo liegt das Problem und gibt es rechtliche Konsequenzen? 

Rechtlich ist die Beteiligung von Investoren, auch wenn diese in Geschäftsfeldern tätig sind, die gesellschaftlich als moralisch verwerflich gelten mögen, grundsätzlich zulässig, jedenfalls solange diese nicht gerade aufgrund von Straftaten verfolgt werden oder im Begriff sind solche zu begehen. Andernfalls drohen insbesondere Geldwäscherisiken. Darum geht es vorliegend jedoch ausdrücklich nicht. 

Problematisch wird es daneben aber immer dann, wenn (wie aktuell im Fall Preußen Münster), der Charakter der Geschäftstätigkeit der neuen Eigner von Anteilen einer Gesellschaft mit den Werten ebenjener Gesellschaft kollidiert. So kann für Sportclubs ein öffentlicher Imageschaden die Folge sein, welcher sie zahlreiche (einflussreiche Unterstützer) kosten kann. Aufgrund ihrer Abhängigkeit von sportlichen Erfolgen und den damit verbundenen Einnahmen sind externe Investoren in schwierigen Zeiten für viele Clubs Garanten zur Deckung von Stadionmiete, Spielergehältern und ähnlichen laufenden Kosten. Wo fragwürdige Investoren andere Partner der Clubs vertreiben, kann ein moralischer Schiffbruch dann auch in handfesten finanziellen Lecks münden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürften Clubs versuchen, unliebsame Eigner wieder loszuwerden. 

Dann kann es jedoch schwierig werden: Werden Investments in Aussicht frischen Kapitals oftmals zügig eingefädelt, kann eine spätere Abwicklung sich langwierig und rechtlich kompliziert darstellen, wie aktuell der Fall des bisherigen Mehrheitseigners an der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA, Lars Windhorst, zeigt, dessen Anteile nach gutachtlicher Ermittlung ihrer Werte künftig an einen neuen Investor für den Hauptstadtclub übertragen werden. Eine Rückabwicklung des Vertrags mit dem Investor ist nicht ohne Weiteres möglich. 

Der Plan A: Obacht an Deck, bevor unliebsame Gesellschaft an Bord kommt

Preußen Münster hat nun eine Überprüfung angekündigt und erklärt, die erforderlichen Schritte einzuleiten, um den eingeschlagenen wertegeleiteten Weg weiter beschreiten zu können. Wir meinen: Ein richtiges und sinnvolles Unterfangen, ein guter Plan B.
Dennoch: Oftmals stellt sich die Situation für Sportclubs verfahren dar, wenn Investoren an Bord angeheuert haben, die man später gern wieder über die Leitplanke befördern würde. 

Der Plan A greift daher bereits im Vorfeld möglicher Investitionen: Wir beraten Sportclubs im Rahmen ihrer Compliance-Expertise frühzeitig bei der Aufstellung von wertegeleiteten Vereinsrichtlinien wie sie auch der SC Preußen Münster offenbar aktuell entwerfen lässt. Das dabei entstehende, idealerweise umfangreiche und sattelfeste, Compliance-Konzept kann sodann als Grundlage für Verträge mit Investoren dienen. Klare Absprachen in diesem Stadium verhindern spätere böse Überraschungen. So können Investoren bei Vertragsschluss verpflichtet werden, die Verhaltenskodizes des Vereins anzuerkennen. Steht ihr (späteres) Verhalten hierzu im Widerspruch, kann sich der Verein leichter von den Verträgen lösen.

Sportclubs mögen nicht die Mittel haben, Investoren mit ihren teils verzweigten Geschäfts- und Gesellschaftsmodellen im Vorhinein zu durchleuchten und auf Vereinbarkeit mit Vereinswerten zu untersuchen. Das ist aber auch nicht nötig, denn: Ein durchdachtes Compliance-Konzept hilft, unliebsame Investoren rechtzeitig auszusortieren. Auf die Gefahr vertragsbrüchig zu werden und damit nicht nur den Zorn der Fans, sondern auch rechtliche Konsequenzen auf sich zu ziehen, dürften sich auch hartgesottene schwarze Schafe der Branche nur ungern einlassen. Egal ob zur Absicherung oder zur Nachsorge: Wir sind immer für Sie da #wennmalwasist. 

Autoren und Ansprechpartner:

  • Rechtsanwalt Dr. Joshua Christmann
  • Rechtsreferendar Robin Ramsahye

DR. Joshua Christmann
RECHTSANWALT | ASSOCIATE

Plan A – Kanzlei für Strafrecht

Robin Ramsahye
Rechtsreferendar

Plan A – Kanzlei für Strafrecht