Plan A im Bereich Compliance: Die Umsetzung der Hinweisgeberschutz-Richtlinie naht

Regelmäßig berichten wir über die EU-Whistleblower-Richtlinie und deren (schleppende) Umsetzung durch den Gesetzgeber, zuletzt im September. Die ursprüngliche Umsetzungsfrist, die den Schutz von Hinweisgeber:innen sicherstellen will, endete am 17. Dezember 2021, ohne dass der bisherige Entwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) umgesetzt wurde. Auch wenn das Gesetz auf sich warten lässt, steht außer Frage, dass die Umsetzung kommt. So führt der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung aus, dass die EU-Whistleblower-Richtlinie „rechtssicher und praktikabel“ umgesetzt wird. Wir stellen für Sie dar, welche Unternehmen schon jetzt von den Vorgaben der EU-Whistleblower-Richtlinie betroffen sind und wagen einen Blick in die Glaskugel.

Der Zweck dahinter: Worum geht es?

Beschäftigte eines Unternehmens, die häufig zuerst von möglichen Straftaten und Unregelmäßigkeiten erfahren, sollen wirksam und nachhaltig vor Benachteiligungen geschützt werden, wenn sie mögliche Missstände in ihrem beruflichen Umfeld melden. Solche Meldungen sind entgegen der ersten Annahme auch im Unternehmensinteresse. Denn hierdurch können Verstöße und damit einhergehende Sanktionen vermieden und zudem die Kontrolle über das Geschehen beibehalten werden. Daher verfügen vor allem größere Unternehmen daher aus gutem Grund schon jetzt über ein Hinweisgebersystem. 

Pflicht zur Einrichtung des Hinweisgebersystems: Wer ist schon jetzt betroffen?

Europäische Richtlinien können auch dann schon rechtlich verbindlich sein, wenn sie noch nicht umgesetzt wurden, die Umsetzungsfrist aber schon abgelaufen ist. Wesentliche Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Richtlinie hinreichend bestimmt ist. Daran fehlt es, wenn der einzelne nationale Gesetzgeber einen Umsetzungsspielraum hat, der so groß ist, dass sich aus der Richtlinie nicht genau ableiten lässt, welche Maßgaben genau getroffen werden müssen. Bei Unternehmen aus dem privaten Sektor begründet die bisher unterbliebene Umsetzung nach überwiegender Auffassung noch keine Pflicht zur Einrichtung von Hinweisgebersystemen zum gegenwärtigen Zeitpunkt.

Anders sieht das dagegen bei Einrichtungen aus dem öffentlichen Sektor aus. Für Kommunen, Behörden und öffentliche Unternehmen wird schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Pflicht zur Schaffung von Hinweisgebersystemen angenommen.

Unabhängig von der Frage, ob schon jetzt ein Hinweisgeberschutzsystem geschaffen werden muss, finden die Vorgaben der Richtlinie zudem auch bei privaten Unternehmen indirekt Anwendung, etwa in arbeitsgerichtlichen Verfahren gegen ehemalige Whistleblower. Hieran ist schon jetzt zu denken, wenn arbeitsrechtliche Schritte gegen mögliche Hinweisgeber:innen unternommen werden sollen.

Der Plan A im Bereich Compliance: Besser gut vorbereitet als überstürzt handeln 

Die Umsetzung der Richtlinie muss und wird erfolgen. Um kein europäisches Vertragsverletzungsverfahren zu riskieren, dürfte der deutsche Gesetzgeber auch ein gewisses Tempo an den Tag legen. Fest steht damit, dass auch Ihr Unternehmen in naher Zukunft verpflichtet sein dürfte, ein eigenes Hinweisgebersystem zu unterhalten. Das gilt jedenfalls dann, wenn mindestens 250 Mitarbeitende beschäftigt werden. Ein solches Hinweisgebersystem kann innerhalb des Unternehmens selbst geschaffen werden und etwa beim Datenschutzbeauftragen oder in der Rechtsabteilung angesiedelt werden. 

Möglich und sinnvoll ist aber auch die Übernahme dieser Aufgabe durch eine unabhängige Rechtsanwaltskanzlei. Dabei kann das System auch Bestandteil einer Ombudsstelle, übernommen werden. Neben erheblicher Arbeitsentlastung für Ihr Unternehmen ist eine solche Lösung optimal geeignet, die Vorgaben, die der Gesetzgeber an Hinweisgebersysteme stellt, einzuhalten. Das gilt beispielsweise für die Einhaltung von Dokumentationspflichten aber auch in besonderem Maße für die Sicherstellung der geforderten Vertraulichkeit von Hinweisen und Hinweisgeber:innen. Wie Hinweisgeberschutzsysteme ohne großen Aufwand in bestehende Strukturen integriert werden, können Sie in unserem letzten BLOG-Beitrag erfahren. 

Wir sind für Sie und Ihre Mitarbeiter:innen auch im Rahmen eines gesetzeskonformen Hinweisgebersystems rund um die Uhr erreichbar #wennmalwasist.

Autor: 

  • Rechtsanwalt Dr. Ingo Bott
  • Rechtsanwalt Dr. Joshua Christmann

DR. INGO BOTT
RECHTSANWALT / PARTNER

Plan A – Kanzlei für Strafrecht

Dr. Joshua Christmann
Rechtsanwalt / Associate

Plan A – Kanzlei für Strafrecht